Zusammenfassung
Der starke Eingriff in das Verhältnis von Angebot und Nachfrage am Ölmarkt ist leicht problematisch.
Präsident Biden benötigt einen niedrigen Ölpreis, da dieser mit seiner Beliebtheit negativ korreliert (also … hoher Ölpreis - geringere Beliebtheit und umgekehrt).
Die Freisetzung der strategischen Rohölreserven erhöht das Angebot am Markt, wodurch der Ölpreis sinkt.
Die OPEC hingegen senkt die Produktionsmengen, um das Angebot aufgrund der drohenden Rezession zu verringern und den Ölpreis „stabil“ zu halten.
Im Oktober 2022 lag der Ölverbrauch bei ca. 100 und das Angebot bei ca. 102 Mio. Barrel pro Tag.
Wenn China die Industrie wieder öffnet, wodurch mehr Öl verbraucht wird, die SPR-Kapazitäten wegfallen und zusätzlich die OPEC ihre verringerte Produktion beibehält, könnte sich die Nachfrage nach Öl stark erhöhen.
Nachdem die Federal Reserve in der Vergangenheit Unsummen an Dollar gedruckt hat, dürfte sie nicht mehr allzu gut gerüstet sein, um ihre Aufgabe als Zentralbank von Amerika erfolgreich zu erfüllen. Einerseits liegt das daran, dass das ganze Geld irgendwo hin muss und zum anderen, dass ihr Mandat sich blöderweise nicht darauf erstreckt, die Ölproduktion zu kontrollieren. Die hohen Mieten und Löhne, wobei Ersteres einen leichten Rückgang verzeichnen konnte, werden vermutlich nur sehr langsam abkühlen. Diese beiden Variablen werden auch als die „gute“ oder „harmlose“ Inflation bezeichnet. Als „schlechte“ Inflation werden jene Werte bezeichnet, welche zumindest in den meisten Fällen durch die Energiepreise angefacht werden. Die „schlechte“ Inflation erhöht dadurch die Kosten für die Produktion und den Transport von allem anderen. Nachdem die Federal Reserve die von ihr (teilweise) verursachten Inflation mehr als ein Jahr ignorierte (oder als vorübergehend definierte), sah sie sich zum Handeln gezwungen, als der Ölpreis die Marke von 100 USD pro Barrel überschritt.
Um zu verdeutlichen, welche Auswirkung die Inflation auf den Ölpreis hat, können wir uns die Abbildung unten ansehen. Zwischen 2008 und 2014 lag der inflationsbereinigte Ölpreis im Durchschnitt bei fast 120 USD/bbl, während der reale Ölpreis bei ungefähr 100 USD/bbl lag. Inflationsbereinigt müssten die Rohölpreise aktuell also viel höher sein, um vergleichbare Preise von damals zu erreichen.
Ölpreis real und inflationsbereinigt, eia.gov
Wo liegt nun das Problem?
Die einzige Möglichkeit, den Ölpreis zu senken, besteht darin, entweder mehr Öl zu fördern oder weniger zu verbrauchen. In der Vergangenheit wurde in den USA und Europa allerdings strikt dagegen vorgegangen, wenn es darum ging, die Ölproduktion zu erhöhen oder Projekte zu fördern. Jetzt hätte Präsident Biden gerne eine höhere Ölproduktion, um seine Beliebtheit zu erhöhen, doch die OPEC-Staaten wollen den Risiken einer Rezession entgegenwirken und drosseln die Produktion daher. Gleichzeitig will kein Unternehmen investieren, wenn ständig mit Gewinn- oder CO2-Steuer, Enteignung und Preisobergrenzen gedroht wird. Da die offensichtliche Lösung (mehr zu produzieren) in den vergangenen Jahren unmöglich gemacht wurde, ist die Federal Reserve nun gezwungen, einen Plan zur Senkung des weltweiten Energieverbrauchs in Angriff zu nehmen.
Wie kann man den Energieverbrauch senken (wir beziehen uns in diesem Artikel auf den Ölverbrauch)?
Nun, um es zusammenzufassen, scheint der Plan der Federal Reserve zu sein, eine globale Depression zu verursachen …
Nachdem die Federal Reserve ein Jahrzehnt lang reine Rhetorik zur „integrativen Wirtschaft“ und zur „Schließung der Wohlstandslücke“ abgelegt hat, sieht sie sich nun gezwungen, einen Schwenk zu vollziehen. Dabei leiden vor allem die Finanzen der Unterschicht in der Hoffnung, dass weniger Öl verbraucht wird. Im Verlauf dieses Jahres hat sich dies auch schon gezeigt, als das globale Wachstum zum Stillstand kam und überschuldete oder hoch bewertete Unternehmen plötzlich mit einer starken Vermögensabwertung zu kämpfen hatten.
Wie bereits erwähnt, kann die US-Notenbank das Angebot an Energie nicht erhöhen, sie verfügt jedoch über simple Instrumente (wie z. B. Zinserhöhungen) zur Drosselung der Nachfrage. Und die derzeitige Mission ist es, diese auch einzusetzen, unabhängig davon, ob sie funktionieren oder nicht.
Zinserhöhungen
Hohe Zinsen reduzieren Privatausgaben sowie Investitionen in neue Projekte oder Kredite. Weniger Investitionen verringern die Geldmenge im Umlauf, wodurch sich die Wirtschaft verlangsamt – sehr einfach beschrieben.
Arbeitslosigkeit
Tödlich für die Inflation ist eine steigende Lohn-Preis-Spirale, eine höhere Arbeitslosigkeit wirkt hier entgegen. Je mehr Menschen arbeitslos sind, umso niedriger werden ihre Ausgaben und auch der Konsum, wodurch sich wiederum der Energieverbrauch verringert. Wenn die Kaufkraft nach bestimmten Produkten nachlässt (da sich die Geldmenge im Umlauf verringert), sinkt die Nachfrage nach diesen Produkten. Das Ergebnis sind sinkende Preise, eine sich verlangsamende Wirtschaft und dadurch und eine abkühlende Inflation.
Die US-Notenbank stützt sich in erster Linie auf nachlaufende und bestehende Wirtschaftsdaten, sodass sie als Institution darauf ausgelegt ist, aktuelle Brände zu löschen, anstatt Brände vorherzusehen.
Ein Beispiel aus der Vergangenheit:
1980 waren die Probleme bei der Energieversorgung vor allem geopolitischer Natur und wurden mit geopolitischen Mitteln gelöst. Es gab weltweit genügend Kapazitäten, um neues Öl schnell auf den Markt zu bringen.
Heute sind die Energieversorgungsprobleme in erster Linie darauf zurückzuführen, dass in den letzten Jahren nicht ausreichend in Öl- und Gasförderung, Raffinerien, Pipelines und LNG-Terminals investiert wurde. Wenn dann noch ein Krieg hinzukommt, wird das Problem noch um ein Ecke größer.
Zu dem Zeitpunkt, wo ich diese Zeilen schreibe, liegt der Ölpreis bei etwa $ 90/Barrel.
Obwohl Präsident Biden die strategischen Erdölreserve der USA auf den Markt bringt und damit das Angebot erhöht und China strenge Abriegelungsmaßnahmen ergriffen hat, wodurch weniger Öl verbraucht wird, ist der Ölpreis sehr hoch. Die beiden größten Volkswirtschaften sorgen also für ein Überangebot an Öl und dennoch liegt der Ölpreis bei $ 90/Barrel. In der nachfolgenden Abbildung ist der Bestand der strategischen Rohölreserven der USA abgebildet. Im März 2022 beschloss Präsident Biden, Ressourcen aus den SPR freizugeben und seitdem wurden ca. 185 Mio. Barrel Öl freigegeben und auf den Markt gebracht, der aktuelle Lagerbestand liegt bei 392 Mio. Barrel.
Zur Info, die USA begann in den 1970ern mit der Errichtung dieser Lagerstätten für Notfälle.
SPR Bestand, eia.gov
Wenn also die Inflation durch einen geringeren Energieverbrauch in nächster Zeit sinken wird, z. B. durch eine Rezession, die Probleme auf der Angebotsseite aber nicht gelöst werden, könnte die Inflation steigen, sobald die Nachfrage nach Energie wieder steigt.
Die OPEC hat nun aufgrund der SPR-Freigaben einen Gegenangriff gestartet:
Sie einigte sich darauf, die Fördermenge um 100.000 Barrel pro Tag zu kürzen. Das war als Warnung gedacht, die nicht vollständig durchdacht wurde, … am 5. Oktober folgte der Beschluss für die Kürzung der Produktion um 2 Millionen Barrel pro Tag.
Die Federal Reserve ist nun grundsätzlich in der Lage, das globale BIP zum Einsturz zu bringen, um den Energieverbrauch zu senken, was sich jetzt etwas dramatisch anhört. Problem an der Sache ist, dass die OPEC am längeren Hebel sitzt und die Produktion im Falle einer schweren Rezession oder sogar Depression noch schneller drosseln kann.
Die letzten Handlungen der OPEC zeigen auch, dass sie bereit sind, zu solch Mitteln zu greifen, wenn die Federal Reserve diesen Weg weiterverfolgt. Die OPEC scheint der Meinung zu sein, dass der Ölpreis abgekoppelt von der Realität liegt. Man kann nur schwer vorhersagen, was die OPEC als Nächstes tun wird, allerdings scheint es so, als hätte die OPEC vor, einen Schlussstrich unter den Ölpreis zu ziehen.
Die Frage ist des Weiteren, warum die Federal Reserve weiterhin versuchen soll, die weltweiten Finanzmärkte in die Luft zu jagen, wenn sich das Öl ihrem Willen beugt?
Die Federal Reserve erkennt oft als letztes, was in der Wirtschaft und an den Märkten passiert. Der Aktienmarkt hat die Mittelungen der OPEC mittlerweile verstanden und erlebt eine der größten Rallyes im Ölsektor bzw. Energiesektor (unten dargestellt das XLE ETF) seit Jahren.
Sektorenperformance des S&P 500, Yardeni.com
Der Energiesektor konnte seit Jahresbeginn 2022 um 68 % zulegen und hat damit den breiteren Aktienmarkt hinter sich gelassen. Zum Vergleich, im selben Zeitraum ist der Kommunikationssektor um 37 % und der zyklische Konsumgüterbereich um 29 % gefallen.
Und was war das noch mal mit dem FED-Pivot?
Der FED-Pivot ist die Bezeichnung für eine Umkehr der Geldpolitik der FED. So würden wir uns z. B. am FED-Pivot befinden, sobald die FED beginnt, die Zinsen wieder zu senken. Auf dieses Szenario hoffen gerade sehr viele.
Wie wir mittlerweile wissen, möchte die Federal Reserve noch etwas erreichen, bevor sie den Sieg über die Inflation verkünden und die Zinsen senken kann. Und auch wenn es nur erwähnt wurde, scheint ein FED-Pivot einen Schritt näher zu sein … ist natürlich eine Sache des „Wordings“ bei der Notenbanksitzung.
Natürlich könnte die Fed die Wirtschaftsleistung reduzieren, um die Preisexplosion zu stoppen, doch die OPEC hat bereits einen anderen Weg eingeschlagen. Wird die Fed ihren Kurs beibehalten, wenn jetzt schon offensichtlich ist, dass es schwierig wird, den Ölpreis einzudämmen?
Im Jahr 2023 wird Energie eines der wichtigsten Themen sein, sei es für Anleger oder Politiker. Alles andere, einschließlich der US-Notenbank, könnte nur noch ein Nebenschauplatz sein.
Bei einem Ölpreis von 250 USD würde die US-Wirtschaft womöglich zusammenbrechen.
Wichtig: Dieser Preis ist aus der Luft gegriffen, ich möchte hier keine Schätzungen in den Raum stellen.
Der Inflationsdruck würde stark ansteigen, während sich die übrige Wirtschaft im freien Fall befindet. Die Fed wäre somit gezwungen, den Verbraucherpreisindex zu kontrollieren, damit dieser nicht weiter steigt. Die Federal Reserve könnte in einem solchen Szenario die Zinssätze drastisch senken und den Markt mit Liquidität überschwemmen. Die Federal Reserve würde ihr Inflationsmandat effektiv ignorieren, um die Weltwirtschaft vor der Ölpreisspitze der OPEC zu retten - ähnlich wie bei der Keimbekämpfung im März 2020. In diesem Szenario würde die Federal Reserve auf ein exogenes Ereignis reagieren, was für die Wirtschaft jedenfalls kein gutes Omen wäre.
Was aber, wenn der Ölpreis nicht wegen der OPEC auf 250 Dollar steigen würde? Was wäre, wenn der Ölpreis steigt, weil Präsident Biden sich einem wirtschaftlichen Kult mit einer bizarren Kohlenstoffbesessenheit angeschlossen hat? Der Ölpreisanstieg wäre derselbe, doch die Ursache wäre eine andere (beim ersten wäre die OPEC schuld beim zweiten „niemand“). Würde die Fed in diesem selbst verschuldeten Szenario den Ölpreis in die Höhe Treiben und die Zinssätze weiter anheben, um die Inflation zu bekämpfen? Oder würde die Fed der Wirtschaft aus der Patsche helfen?
Ich denke, wir werden dieses Experiment in den nächsten Monaten in Echtzeit erleben, wenn die SPR-Freigaben auslaufen und China wieder öffnet. Und wir werden sehen, ob wir die Wirtschaft mit dem aktuellen Ölproblem in die Supernova reiten oder nicht. Je nachdem werden sich ganz unterschiedlichen Investitionsentscheidungen ergeben. Das Thema bleibt nicht nur für 2022/23 ein Spannendes, sondern auch in der Zukunft.
- Valentin & Patrick
Quellen
https://www.yardeni.com/
https://www.forbes.com/advisor/investing/fomc-meeting-federal-reserve/
https://www.bloomberg.com/news/articles/2022-07-01/jpmorgan-sees-stratospheric-380-oil-on-worst-case-russian-cut
https://www.youtube.com/supported_browsers?next_url=https%3A%2F%2Fwww.youtube.com%2Fwatch%3Fv%3DWoL-DFalWUY
https://www.politico.com/news/2022/10/18/biden-spr-oil-reserve-release-fuel-prices-00062269
https://www.bbc.com/news/world-middle-east-62189543
https://www.energy.gov/
https://www.energy.gov/ceser/history-spr-releases
https://www.forbes.com/sites/davidblackmon/2022/11/07/biden-promises-no-more-drilling-just-days-after-demanding-more-drilling/?sh=9ba9e6478e7a
https://www.geekwire.com/2011/terrible-teacher-mentor-top-10-reasons-yoda/
https://www.eia.gov/dnav/pet/hist/LeafHandler.ashx?n=PET&s=WCSSTUS1&f=W
[PO1]Wie bekämpft? Nur weil die Inflation einmal nicht gestiegen ist, sie ist ja immer noch bei 7%
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